Fachschule des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung Ahaus moderiert öffentliche Podiumsdiskussion
v.l. Robert Brandt (die Linke), Reinhard Horst (FDP), Monika Ludwig (Bündnis 90/die Grünen), Eva-Maria Terhaar (Moderation, FSWO), Julius Dressel (Moderation, FSWO), Rainer Doetkotte (CDU, Bürgermeister der Stadt Gronau), Tobias Ebbing (SPD)
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Ist es möglich, dass es irgendwann einmal für Alle ein bedingungsloses Grundeinkommen geben könnte? Oder ist diese Idee wirklich nur eine Utopie? Um über diese Frage zu diskutieren, hatte die Fachschule für Wirtschaft vom Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung Ahaus zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Teilnehmer waren fachkundige Politiker aus dem Kreis Borken.
Denn kaum ein Thema wird in der Öffentlichkeit derart kontrovers diskutiert wie diese Frage. Das Lager der Befürworter und der Gegner ist nach aktuellen Umfragen etwa gleich groß, stellten die Moderatoren Eva Terhaar und Julius Dressel fest.
Für die CDU machte Rainer Doetkotte, Bürgermeister der Stadt Gronau, klar, dass ein Grundeinkommen den Anreiz zur eigenen Arbeit erheblich einschränken würde. Dann ginge die Eigenverantwortung der Menschen, auch für die Gesellschaft, verloren. Der Grundsatz müsse aber weiterhin lauten, den Eintritt in den Arbeitsmarkt staatlich zu fördern und gleichzeitig die Selbstverantwortung der Bürger für ihren Lebensunterhalt zu fordern. Tobias Ebbing, der die SPD vertrat, sah dies etwas differenzierter: Zwar wäre ein monatliches Grundeinkommen für Jeden überhaupt nicht finanzierbar, ohne dass im Vorfeld eine Steuerreform durchgeführt würde. Dann allerdings hätte das Grundeinkommen positive Effekte: es führe zu mehr Selbstbewusstsein für diejenigen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen wären, und niemand müsse mehr jede Arbeit annehmen, um leben zu können. Dann würde auch Arbeit wieder angemessen entlohnt werden müssen. Ähnlich argumentierten auch Monika Ludwig aus dem Vorstand der Borkener Grünen und Robert Brandt, der für die Linke sprach. Die aktuelle Schieflage am Arbeitsmarkt, der durch einen großen Niedriglohnsektor geprägt sei, würde viele Arbeitnehmer zwingen, als „Aufstocker“ Hartz-IV-Mittel zu beantragen. Hier würde das Grundeinkommen zweierlei bewirken können: mehr Selbstachtung der Hartz-IV-Bezieher und eine Reduzierung des Niedriglohnsektors. Außerdem könnte die Bürokratie der Arbeitsagenturen vermindert werden. Unverzichtbar wäre auch hier eine Steuerreform im Vorfeld.
Dem schloss sich auch Reinhard Horst aus dem Ahauser Stadtrat an, der die FDP vertrat. Er plädierte für ein Bürgergeld, das ähnlich wie ein Grundeinkommen sämtliche staatlichen Unterstützungszahlungen zusammenfassen sollte und seiner Meinung nach pauschal und ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt werden müsse. Damit widerspräche er zwar der Berliner Parteilinie, aber die jetzige Praxis der Bedürftigkeitsprüfung bei der Arbeitsagentur sei nicht mehr hinnehmbar, wie er an einem praktischen Beispiel ausführte.
Das Publikum beteiligte sich durch rege Zwischenfragen an dieser Diskussion und stellte insbesondere den Zusammenhang von Niedriglohnsektor und Hartz-IV- Regelungen auf der einen Seite und Grundeinkommen auf der anderen Seite in den Vordergrund.
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion nutzten viele Zuhörer die Möglichkeit des direkten Austauschs mit den Politikern und auch untereinander bei einem Imbiss, der durch den Förderverein des Berufskollegs, der die Aktivitäten der Fachschule immer großzügig unterstützt, finanziert wurde.
Sabrina Osterhues (Studierende der Fachschule für Wirtschaft)