So produziert die „art-factory" Armbänder – mit einer Stanze vom Stift Tilbeck.
Eine zweite wäre willkommen. MLZ Fotos Lüttich-Gür
Zwei Klassen des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung haben Firmen gegründet
AHAUS. Die Markteinführung steht unmittelbar bevor. Das kann auch gestandene Manager nervös machen. Das Team von „art-factory ahaus" bleibt aber ganz gelassen.
Ihre Marketing-Chefin verweist auf ihre Markt-Analysen, der Leiter ihrer Finanzabteilung auf die Gewinnspanne und ihr oberster Verwaltungs-Mitarbeiter auf die überschaubaren Lohnkosten. Da könnte sich die Vorstandsvorsitzende Ann-Kathrin Zühlke entspannt in ihrem Büro zurücklehnen – wenn sie denn eines hätte.
Doch die gesamte „artfactory" residiert mit allen Abteilungen in einem Klassenraum des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung. Kein Wunder: Schließlich sind die 24 Mitarbeiter erst um die 17 Jahre alt: Höhere Handelsschüler aus Ahaus und Umgebung.
Jedes Unternehmen braucht einen einprägsamen Namen.
Die „art-factory" ist nur eine von zwei Schülerfirmen der Europaschule. Auch die „Fireflies" wollen für ein Jahr die Luft des Wirtschaftslebens schnuppern – nicht die fein gefilterte der grauen Theorie, sondern die der Praxis, die mitunter rau weht.
Und kalt: Denn ab dem heutigen Samstag werden Vertreter der beiden Junior-Unternehmen ihre selbst hergestellten Produkte auch bei Schneeregen auf dem Weihnachtsmarkt anbieten: Die „art-factory" will den Geschenke-Markt mit ihren individuell zu gestaltenden Lederarmbändern erobern, während die „fireflies" antreten, die Kunden für ihre formschönen Lampen zu erwärmen. Die beiden Produktideen sind nicht vom Himmel gefallen. „Wir haben lange diskutiert", erzählt Lisa-Marie Jahn, für die gleich feststand, dass sie ins Marketing will – weil da kommunikative Fähigkeiten besonders gefragt seien. Die T-Shirt-Gestaltung hätten sie erwogen – und wieder verworfen: „Das machen schon so viele." Oder die Herstellung eines MP3-Player-Kissens für kuscheligen Hörgenuss. Da gäbe es zwar keine Konkurrenz – aber bislang auch keine zündende Idee, wie sie die Geschäftsidee in die Tat umsetzen ließe.
Diese ersten Diskussionen im Herbst scheinen allen schon eine Ewigkeit her zu sein. Längst ist das Startkapital durch den Verkauf von Anteilsscheinen gesichert, sind die Aufgaben verteilt und brummt die Produktion. „Das nimmt viel mehr Zeit in Anspruch als normaler Unterricht", sagt Finanzchef Florian, „aber macht auch viel mehr Spaß".
Bei uns im Internet:
Fotostrecke: Wie die Schülerfirmen arbeiten
Durchstarten in der Wirtschaft
Der Initiator: „Junior" ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und vielen anderen Partnern unterstütztes Programm der IW Junior gGmbH (Institut der deutschen Wirtschaft Köln Junior).
Die Karriere: Von 1994 bis 2009 haben 3340 Junior-Unternehmen mit mehr als 45 000 Schülern hautnah Erfahrungen im Bereich Wirtschaft gesammelt.
Das Ziel: Schüler lernen wirtschaftliche Zusammenhänge besser zu verstehen, selbstständig zu arbeiten und Schlüsselqualifikationen wie Selbständigkeit, Teamarbeit und Eigeninitiative zu entwickeln. www.juniorprojekt.de
STIMMEN
"Als wir nach einer Produktidee suchten, habe ich auf meinen Arm geschaut – und da war klar: Armbänder!"
Ann-Katrin Zühlke, Vorstandsvorsitzende
"Die Schülerinnen und Schüler sind alle mit großem Eifer bei der Sache – und das mit großem Ehrgeiz.
Andrea Dietl, betreuende Fachlehrerin
11. Dezember 2010